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Benutzer:Admin/Mord im Intercity 620 – wer tötete Vesna Nasteva

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Zuerst erschienen auf blogxy.de am 22. Januar 2015

Am 2. November 1980 starb Vesna Nasteva, eine hoffnungsvolle bulgarische Nachwuchswissenschaftlerin und Mutter zweier Kinder, nachdem sie in einem Zugabteil von einem unbekannten Mann niedergestochen wurde. Obwohl der Mord bereits 5 Tage später Gegenstand eines XY-Studiofalls war, ist er bis heute ungeklärt.

Es ist kalt in den späten Oktobertagen des Jahres 1980, nahezu in ganz Deutschland gibt es jener Tage Temperaturminusrekorde. Vesna Nasteva, eine 28-jährige Chemikerin, befindet sich zu dieser Zeit in Nürnberg; sie hat vom 30.-31. Oktober an einem zweitägigen Symposium teilgenommen. Die Bulgarin hat in ihrer Heimat ein Chemiestudium abgeschlossen und ist durch ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) am renommierten Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr angestellt, in dessen Auftrag sie auch nach Nürnberg gereist ist. Am Samstag, den 1. November 1980 – es ist Allerheiligen – soll es zurück ins Ruhrgebiet gehen. Für den IC 620, der den klangvollen Namen „Toller Bomberg“ trägt, ist die Wissenschaftlerin im Besitz eines 2.-Klasse-Tickets. Der Zug verkehrt 1980 täglich zwischen München und Münster und hält zwischendurch unter anderem in Frankfurt, Wiesbaden, Koblenz und einigen Ruhrgebietsstädten.

Vesna Nasteva steigt in Nürnberg in den ersten Wagen hinter der Lok ein, durch mehrere Fahrtrichtungswechsel ist sie aber schließlich ab Wiesbaden im letzten Waggon des Zuges, welcher nun von dort über die berühmte Linke Rheinstrecke in Richtung Köln fährt. Um 22.02 Uhr verlässt der IC 620 den Kölner Hauptbahnhof und soll 23 Minuten später um 22.25 Uhr Düsseldorf Hbf erreichen, Vesna Nasteva hat es bis Mülheim an der Ruhr also nicht mehr weit. Der Zug erreicht gerade den Stadtteil Reisholz im Düsseldorfer Süden, als ein ebenfalls im letzten Waggon mitreisender 33-jähriger Sonderschullehrer, der auf dem Weg nach Hause ins Münsterland ist, ein grausames Stöhnen hört. Als er nachsehen möchte, bietet sich ihm ein schreckliches Szenario. In einem Nachbarabteil sticht ein junger Mann wie von Sinnen mit einem feststehenden stilettartigen Messer auf die bereits schwer verletzte Vesna Nasteva ein; er trägt einen schwarzen Nappaleder-Blouson und schwarze Handschuhe. Als der herbeigeeilte Mitreisende erschreckt aufschreit, dreht sich der Täter um, zieht die Notbremse und verschwindet in der Nacht. Der unbewaffnete Zeuge kann ihn nicht aufhalten. Inzwischen ist auch ein weiterer Zuggast auf die Tat aufmerksam geworden und informiert die Zugbegleitung. Relativ schnell ist ein Notarztwagen zur Stelle, der Vesna Nasteva – von 21 Messerstichen hauptsächlich im Brustbereich getroffen – ins Düsseldorfer Universitätsklinikum bringt. Während die Ärzte dort um ihr Leben kämpfen, wird der letzte Wagen des Zuges im Düsseldorfer Hauptbahnhof zur Spurensicherung abgekoppelt. Der Kampf der Ärzte um das Leben der Chemikerin ist vergebens, Vesna Nasteva stirbt 2 1/2 Stunden nach dem bestialischen Angriff an ihren schweren Verletzungen.

Auch die Ermittlungen der Düsseldorfer Kriminalpolizei gestalten sich schwierig. Möglicherweise ist der Täter auf seiner Flucht per Taxi oder Anhalter gefahren. Vor ihrem Tod kann die zweifache Mutter noch einige Sätze mit den zuständigen Beamten sprechen. Der Täter habe sich zunächst in ihr Abteil gesetzt und sei dann völlig unvermittelt mit dem Messer in der Hand über sie hergefallen. Der 33-jährige Sonderschullehrer kann den Täter recht gut beschreiben, er sei ca. 20-25 Jahre alt und untersetzt gewesen und habe längere fettige Haare und eine Brille mit Metalleinfassung gehabt. Zusammen mit dem Zeugen erstellt die Polizei ein Phantombild des Mannes.

Bereits 5 Tage später – am 7. November 1980 – ist der Mordfall Teil der 130. XY-Ausgabe. Eduard Zimmermann behandelt den Mord – der Aktualität geschuldet leider nur kurz – als Fall 9 der Sendung, noch nach den ersten Ergebnissen, die zu dieser Zeit von Irene Campregher vorgestellt werden. Er wendet sich hierbei vor allem an die Mitreisenden im IC 620 „Toller Bomberg“, aber auch an die Autofahrer im Düsseldorfer Süden, die möglicherweise einen Anhalter mitgenommen haben. Bei XY wird auch das Phantombild des Täters gezeigt, die Fahndung ist zu diesem Zeitpunkt bereits auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt.

Während XY im ZDF noch läuft kommt es in einem Eilzug zwischen Hanau und Würzburg wieder zu einer Messerstecherei. Ein Mann, der zuvor vom Fahrkartenkontrolleur ohne Fahrkarte erwischt wurde, versucht aus dem Zug zu springen. Er wird dabei von zwei Mitreisenden aufgehalten, woraufhin er ein Klappmesser zieht und um sich sticht. Zum Glück wird nur einer der Passagiere leicht verletzt und der Delinquent kann überwältigt werden. Eine erste Vernehmung des Mannes findet in einer Polizeiwache in Karlstadt am Main – rund 30km nördlich von Würzburg – statt. Dort fällt einem der Polizeibeamten die unglaubliche Ähnlichkeit zu dem soeben im Fernsehen ausgestrahlten Phantombild auf. Sofort machen sich in Düsseldorf Polizisten mit einem Hubschrauber auf den Weg ins Münsterland, um den Augenzeugen dort abzuholen. Dieser ist aber übers Wochenende in sein Jagdrevier ins Sauerland gefahren, wo die Polizei ihn später glücklicherweise antrifft. Von dort wird er nach Würzburg geflogen, wohin der Tatverdächtige inzwischen überstellt ist. Dessen Identität ist in der Zwischenzeit bekannt: es handelt sich um den italienischen Staatsangehörigen Duilio Sch.. In einer ersten Gegenüberstellung gibt der Augenzeuge dem zuständigen Kriminaloberrat Mätzler zu Protokoll, dass er den Italiener zu 70% für den Täter halte, da Statur, Haare, Brille und Lederjacke übereinstimmen würden. Allerdings gibt es auch Zweifel, hatte der Sonderschullehrer den Täter doch mit 20-25 Jahren beschrieben; Duilio Sch. ist bereits 34 Jahre alt.

Der Tatverdächtige wird einige Tage später nach Düsseldorf gebracht und dort dem Haftrichter vorgeführt, er selbst gibt an zur Tatzeit gar nicht in Deutschland sondern in Kopenhagen gewesen zu sein und dort als Kellner gearbeitet zu haben. Er gibt aber auch zu, bereits häufiger in psychatrischer Behandlung gewesen zu sein. In der Folge legt Duilio Sch. dann doch ein Geständnis ab, gleichzeitig mehren sich aber die Zweifel an einer Täterschaft. So kann Duilio Sch. sein vermeintliches Opfer nicht einmal beschreiben. Später gibt er zu, die Tat nur gestanden zu haben, um eine psychatrische Behandlung zu erhalten. Daraufhin ermitteln Düsseldorfer Kriminalbeamte in Kopenhagen und überprüfen die ursprüngliche Aussage des Tatverdächtigen. Sie stimmt, Duilio Sch. hat ein wasserdichtes Alibi.

Zu etwaigen weiteren Ermittlungen oder Ermittlungsansätzen hört man weder bei XY noch in anderen Medien etwas. Der Mord an Vesna Nasteva bleibt bis heute – über 34 Jahre nach der Tat – ungeklärt. Vesna Nasteva wäre heute 62 Jahre alt, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass ihr Mörder noch lebt. Es bleibt die Frage, wer das Leben der zweifachen Mutter und aufstrebenden Wissenschaftlerin auf so grausame Art und Weise beendete.

Quellen:

Hamburger Abendblatt vom 3.11.1980 S. 22
Hamburger Abendblatt vom 10.11.1980 S. 28
Hamburger Abendblatt vom 15.11.1980 S. 24
Hamburger Abendblatt vom 24.11.1980 S. 22
Studiofall / ZDF