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Benutzer:Admin/Mord in der ländlichen Idylle: Wer tötete Fritz S.

Aus Aktenzeichen XY ... ungelöst - Wiki
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Zuerst erschienen auf blogxy.de am 1. Juni 2015

Im Juli 1982 wurde der 26-jährige Maurer und Bauernsohn Fritz Schmidt in seinem fränkischen Heimatdorf Oberaltertheim auf bestialische Weise ermordet. Etliche Zeugen machten in der sonst so idyllischen Provinz in jenen späten Abendstunden einige mysteriöse Beobachtungen. Ebenso dubios sind die Umstände des Todes von Fritz Schmidt, der frisch verheiratet war und einer alteingesessenen Familie angehörte. Hatte der sonst im Dorf beliebte Mann einen Erzfeind? Der Fall ist bis heute ungeklärt.

Der 4. Juli 1982 ist ein ruhiger Sonntag in der fränkischen Gemeinde Oberaltertheim. Sie liegt genau auf der Mitte zwischen den jeweils 15km entfernten Städten Würzburg und Tauberbischofsheim auf der Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg. Die 950 Einwohner des Dorfes sind an diesem Tag fast ausnahmslos im rund 4 Kilometer entfernten Nachbarörtchen Steinbach, wo an diesem Wochenende das Fest der Feuerwehr stattfindet. Die Hitze des Vortages mit Höchstwerten von 30°C ist durch einige Regenschauer einer drückenden Schwüle gewichen.

Der Mittelpunkt des Dorflebens in Oberaltertheim ist damals das “Gasthaus zum Goldenen Löwen”. Hier arbeitet die 25-jährige Carmen Schmidt in der Küche. Sie ist 2 Jahre zuvor mit einer Drückerkolonne aus Hamburg in das kleine Dorf gekommen und nach einem Streit mit den Kollegen dort geblieben. Im Juli 1982 ist sie seit 2 Monaten mit dem ein Jahr älteren Fritz Schmidt verheiratet und schwanger – das Kind allerdings ist nicht von ihrem Ehemann, welcher sie nach Bekanntwerden der Schwangerschaft trotzdem heiratet. Dieses stößt gerade in der Verwandtschaft des Bauernsohns einer einflussreichen Familie nicht nur auf Zustimmung. Fritz Schmidt macht sich an diesem Nachmittag alleine auf den Weg nach Steinbach um das Feuerwehrfest zu besuchen. Seine Frau muss arbeiten, er stattet ihr bevor er sich auf den Weg macht aber noch einen Besuch ab, erhält von ihr 50 D-Mark und verspricht zum Abendessen wieder daheim zu sein. Um 21 Uhr sitzen Carmen und Fritz Schmidt dann auch tatsächlich gemeinsam beim Abendessen. Die 50 D-Mark hat Fritz Schmidt beim Fest in Steinbach gar nicht gebraucht, er hatte noch genügend Kleingeld in der Tasche. Im Fernsehen läuft eine Zwischenrundenpartie der Fußballweltmeisterschaft 1982 in Spanien. Die Mannschaften aus Polen und der UdSSR trennen sich in Barcelona mit 0:0; mit besonders großem Interesse verfolgt das Ehepaar das Spiel jedoch nicht. Nach dem Abendessen raucht Fritz Schmidt eine Zigarette der Marke Lord Extra, er hat diese Zigaretten zollfrei von einer Urlaubsreise mitgebracht – die Packung trägt daher keine Steuerbanderole. Als Feuerzeug benutzt er ein Werbegeschenk des “Gasthaus zum Goldenen Löwen” – es ist orange und trägt den Namen und die Adresse der Wirtschaft.

In etwa um diese Zeit machen in und um Oberaltertheim verschiedene Zeugen einige mysteriöse Beobachtungen. Da in dem kleinen Ort normalerweise jeder jeden kennt, fällt einem Ehepaar aus Kist bei Würzburg kurz nach 21 Uhr zunächst ein fremder Mann auf, der mit einem auffälligen Beutel auf der Landstraße von Steinbach kommend in Richtung Oberaltertheim läuft. Als nächstes macht ein Autofahrer auf der B27 eine Beobachtung, welche ihn sogar die Polizei rufen lässt. Noch in Baden-Württemberg, aber in Fahrtrichtung Würzburg kurz vor Gerchsheim, sieht er auf dem rechten Fahrbahnrand plötzlich ein Auto stehen, vor dem ein Mensch auf der Straße liegt. Da die Situation für ihn unübersichtlich erscheint und er eine Autofalle fürchtet, fährt der Mann aber zunächst weiter und lässt in Gerchsheim in einer Wirtschaft die Polizei verständigen. Die Überprüfung durch eine Streife ergibt aber nichts, das Auto und die davor liegende Person sind verschwunden.

Gegen 23 Uhr entscheiden sich Carmen und Fritz Schmidt noch für einen Spaziergang vom Neubaugebiet, in welchem sie wohnen, in Richtung Ortsmitte. Es ist inzwischen so schwül, dass sie hoffen, dadurch noch etwas frische Luft schnappen zu können. Hierbei werden beide noch von einem vom Feuerwehrfest heimkommenden Dorfbewohner gesehen. Kurz darauf trennen sich die Wege des Ehepaars. Während Carmen Schmidt zur Wohnung zurück kehrt, gibt Fritz Schmidt an “noch etwas holen” zu wollen. Wo genau er nach 23 Uhr noch hin möchte, sagt er nicht. Sie sieht nur, wie er weiter läuft Richtung Ortsausgang und Unteraltertheim. Carmen Schmidt schläft zuhause angekommen alsbald ein und wundert sich, als sie gegen 1 Uhr morgens kurz erwacht, dass ihr Ehemann immer noch nicht zu Hause ist. Sie beschließt ihren Mann zu suchen und läuft ins Dorf, kann ihn aber sowohl auf den Straßen als auch im “Goldenen Löwen”, wo zu diesem Zeitpunkt niemand mehr ist, nicht finden. Als Carmen Schmidt ihren Ehemann Fritz am nächsten Morgen vermisst melden möchte, ist seine Leiche bereits gefunden worden. Sie liegt nur wenige hundert Meter vom Ortsrand seiner Heimatgemeinde entfernt etwas abseits des Weges hinter einem Holzstapel. Der Täter hat irgendwann in der Zeit zwischen 23 Uhr abends und 2 Uhr morgens mehr als 30-mal auf sein Opfer eingestochen, die Stichverletzungen sind bis zu 13cm tief und vermutlich mit einem zweischneidigen Messer entstanden. Fritz Schmidt muss sich gegen den Angriff erbittert zur Wehr gesetzt haben, seine Arme und Beine weisen erhebliche Abwehrspuren auf.

Dennoch stirbt er durch Schnitt- und Stichverletzungen im Hals-, Brust- und Bauchbereich am großen Blutverlust. Die Polizei ist sich sicher, dass der Fundort der Leiche auch der Tatort ist. Die 50 D-Mark, die ihm seine Frau am Nachmittag für das Feuerwehrfest gegeben hat, die angebrochene Zigarettenschachtel der Marke Lord Extra und das orange Feuerzeug des Wirtshauses sind nicht auffindbar. Auch die Mordwaffe wird nicht gefunden. Einzig ein blutiger Schuhabdruck bleibt neben der Leiche zurück. Die Polizei geht davon aus, dass auch der Angreifer bei dem erbitterten Kampf um Leben und Tod Verletzungen davon getragen haben muss. Doch auch der Aufruf an Krankenhäuser und Ärzte der Region, ob dort am Montag eine Person mit Schnitt- oder Hiebverletzungen behandelt wurde, bleibt ohne Erfolg. “Warum hat – obwohl viele bei offenem Fenster schliefen – keiner etwas gehört von dem Kampf?” – diese Frage stellt sich der zuständige Würzburger Ermittler Martin Hinterseer bis heute.

Schnell machen in Oberaltertheim Gerüchte die Runde. So heißt es, dass es sich um eine Eifersuchtstat handeln soll. Die Polizei äußert sich zu diesen Vermutungen nicht. Sie interessiert in den Tagen nach dem Mord vielmehr wer Fritz Schmidt am späten Sonntagabend eventuell noch lebend gesehen hat und wo er hin wollte. Wollte er noch jemanden treffen? Wollte er zum Schrebergarten seiner Eltern, welcher nur rund 200 Meter vom späteren Tat- und Fundort entfernt lag? Martin Hinterseer weiß auf diese Fragen auch 33 Jahre nach der Tat keine Antwort: “Es ist uns ein Rätsel, was er zu dieser nachtschlafenden Zeit dort suchte.” Doch es gibt noch weitere Ungereimtheiten. In der Nacht des Verschwindens von Fritz Schmidt macht ein Ehepaar, welches auf dem Rückweg von Steinbach nach Oberaltertheim ist und dazu einen Feldweg parallel der Landstraße benutzt eine merkwürdige Beobachtung. Sie werden von einem hellen Transporter überholt, der hierbei das Licht ausschaltet. Da dabei auch die Kennzeichenbeleuchtung erlischt, können die beiden das Nummernschild nicht erkennen. Außerdem ist in den Tagen nach dem Mord an Fritz Schmidt im Dorf immer wieder von einem roten VW Käfer mit Hamburger Kennzeichen die Rede – ist es nur ein Zufall, dass auch Carmen Schmidt von dort stammt?

Am Donnerstag, den 8. Juli 1982, wird Fritz Schmidt in Oberaltertheim beigesetzt. Alle jungen Leute, die bei der Beerdigung anwesend sind, werden anschließend durch die Polizei befragt. Dieses hat den Hintergrund, dass der Tatort ein beliebtes Plätzchen für Nachtschwärmer ist. Er befindet sich in Ortsnähe, ist mit dem Auto zu erreichen, aber von der nahen Landstraße nicht einzusehen. Daher wird es gerne von jungen Pärchen frequentiert. Hat Fritz Schmidt dort jemanden gestört? Kam es deshalb zum tödlichen Streit? Die Ermittlungen der Polizei verschieben sich nun in diese Richtung. Man geht davon aus, dass der Täter mit einem PKW und in Begleitung einer jungen Frau am Tatort war. Die Kriminalpolizei stellt Reifenspuren fest, die in Richtung der Landstraße führen. Dennoch verlaufen alle Spuren im Sand. Am 14. Januar 1983 – also rund ein halbes Jahr nach der Tat – wird der Fall dann bei Aktenzeichen XY … ungelöst ausgestrahlt. Der damalige Würzburger Chefermittler Gerd Farnschläder stellte den Fall im Studio gemeinsam mit Eduard Zimmermann vor. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei vor allem auf die mysteriösen Beobachtungen gelegt. War der Unfall vor Gerchsheim echt, lediglich eine Panne oder wirklich eine Autofalle? Wer war der fremde Wanderer, der von Steinbach in Richtung Oberaltertheim ging? Was hatte der Fahrer des weißen Transporters zu verbergen? Was hat es mit dem roten VW Käfer aus Hamburg auf sich? Und vor allem: steht irgendeine dieser Beobachtungen in Zusammenhang zum späteren Kapitalverbrechen gegen Fritz Schmidt? Während und nach der Sendung gehen dann rund 60 Hinweise im XY-Aufnahmestudio ein – eine heiße Spur ist nicht dabei.

So bleibt der Mord an Fritz Schmidt auch heute – beinahe 33 Jahre nach der Tat – ungeklärt. Dieser Eintrag soll an das brutale Kapitalverbrechen erinnern! Wer kann bei der Aufklärung des Falles helfen? Die Kripo Würzburg ist für jeden Hinweis unter 0931 – 4571732 dankbar.

Quellen:

Filmfall ZDF
Main-Post 6.-10. Juli 1982, 17. Juli 1982, 31. Juli 1982, 13. Januar 1983, 17. Januar 1983
Würzburger Anzeiger 20. Januar 1983
Manfred Schweidler: Ungelöste Kriminalfälle: Tödlicher Spaziergang vor Mitternacht – Main-Post online vom 3. Mai 2015