Sendung vom 02.09.1983
Sendung Nr. 158 | Moderation: Eduard Zimmermann |
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Filmfälle
Einbrüche in eine Wiener Juwelengroßhandlung
Inhalt
- Dienststelle: Bundespolizeidirektion Wien
- Kommissar im Studio: Oberrat Magister Schödel
- Tattage: Erster Einbruch: 21. November 1982, zweiter Einbruch: 20. Februar 1983
- Details: bekannte Juwelengroßhandlung in Wien; österreichische Bundeswirtschaftskammer direkt gegenüber; bekannte Wiener Einbrecherbande hat Nachschlüssel vom Gebäude; zunächst Fehleinbruch; Mauerdurchbruch mit Vorhang auslegen, dann Durchkriechen; Alarmanlage spricht an; Polizist spricht mit Obdachlosen, als der Alarm ausgelöst wird; Täter entkommen unerkannt; Polizei vor verschlossener Tür; drei Wochen später dann zweiter Einbruch; Alarmanlage diesmal außer Gefecht gesetzt; wieder Loch in Mauer zum Tresorraum; Täter verdunkeln Räume mit schwarzer Plastikfolie; Beute Schmuck und Bargeld in Höhe von 100.000 Schilling;
- Zitat: „Dann "mit ergebenen Grüßen...", das Übliche, Sie wissen schon.“ / „Die Täter leisten sich einen gewissen Komfort. Mit einem Vorhang legen sie den Mauerdurchbruch aus bevor sie durchkriechen.“ (Sprechertext Wolfgang Grönebaum) / „Komm steh auf! Du kannst da net schloafen. Du wirst dich noch verkühlen.“ / „Mein Gott. Das ist ja a schöne Bescherung!“
- Sprecher: Wolfgang Grönebaum
- Darsteller: Michael Bukowsky, Walter Klinger, Linda Koch-Kaiser, Senta Maria Parsons, Günther Treptow
- Belohnung: wird nicht erwähnt
- Bewertung: *
- Status: ungeklärt
Nachspiel
Mord an Soldat Wolfgang S. ("Mordserie Nienburg")
Inhalt
- Dienststelle: Kripo Nienburg/Weser
- Beamter im Studio: Hauptkommissar Pröven
- Tattag: 5. Januar 1983
- Details: Vorgeschichte: Jäger hat Privat-PKW ausnahmsweise vor Garage abgestellt; Unbekannter stiehlt daraus Fernglas und Pistole; unklar, ob er Waffe weitergegeben hat oder selbst Täter bei den späteren Verbrechen war. Opfer Wolfgang S. ist Hauptfeldwebel bei der Bundeswehr; hat bei längerem Aufenthalt in Kanada Gefallen an der Jagd gefunden; kommt am Tattag schon gegen Mittag nach Hause und will noch ins Revier; Ehefrau und Kinder in der Stadt abgesetzt, da Zweitwagen derzeit defekt; Wolfgang fährt mit seinem braunen Opel Rekord Caravan immer selben Weg ins Jagdrevier, über Bundesstraße 214 und einen für die Öffentlichkeit gesperrten Forstweg; zwei Soldaten auf Erkundungstour unterwegs, Dritter wartet in Kübelwagen; Wolfgang pfeift Soldaten an, da Befahr-Verbot auch für sie gelte; vorbeifahrendem Geschäftsmann auf der B214 fällt in der Dämmerung auf, dass drei Autos die Zufahrt zum Forstweg blockieren; unklar, ob Zusammenhang mit Tat; Unbekannter lässt Luft aus einem von Wolfgangs Reifen; wartet dessen Radwechsel im Dunklen ab und erschießt ihn dann.
- Zitat: „Ich bin auch bei der Firma. Ich weiß Bescheid.“
- Sprecher: Wolfgang Grönebaum
- Darsteller: Eva Hatzelmann, Werner Singh, Hartmut Solinger
- Besonderheit: Schauspieler von Wolfgang S. sieht aus wie Christopher Walken als Max Zorin in "James Bond 007 - Im Angesicht des Todes".
- Belohnung: siehe FF 3
- Bewertung: ***
- Status: geklärt
Nachspiel
(siehe unten)
Morde an Taxifahrerin Petra H. und Lehrerin Anita B. ("Mordserie Nienburg")
Inhalt
- Dienststelle: Kripo Nienburg/Weser
- Beamtin im Studio: Hauptkommissarin Schmandt, Leiterin der Mordkommission in Celle
- Tattage: 21. Januar 1983; 29. April 1983
- Details:
- 21. Januar 1983: Die 22 Jahre alte Taxifahrerin Petra H. aus Celle zählt in ihrem Volvo 244 Geld; seltenes Taximodell; Fahrgast mit ungewöhnlichem Auftrag: will zum Hafen nach Bremen; Zentrale gibt für 123 km Strecke Pauschalpreis von 200.- DM an; Fahrgast willigt ein und Petra freut sich über lukrative Tour; bittet Taxler-Kollegin in der Schlange hinter ihr, ihre Tochter später aus dem Kindergarten zu holen; Fahrgast überlegt es sich offenbar anders, denn Taxi fährt bei zwei Autovermietungen vor; Mann kann aber nirgendwo Wagen mieten, da alle verliehen; Zeugin sieht später zwei Fahrgäste im Taxi; Fahrtziel wohl nur Vorwand, Taxi verlässt bereits bei Walsrode-Süd am Rand der Lüneburger Heide die Autobahn; Täter haben wahrscheinlich hier schon wahres Gesicht gezeigt; über Landstraße zurück Richtung Celle; Notsignale per Lichthupe an entgegenkommenden VW Käfer; flehender Blick; Täter decken in Waldstück Petras an Baum festgebundene Leiche mit Ästen und Zweigen ab; Seemannsknoten im Erdrosselungs-Strick ("halber Schlag"); Täter entfernen Taxischild, Werbung und Funkantenne vom Volvo; Volksbank Lindwedel: Kunde zahlt 120 DM aufs Sparbuch ein; Überfall um 15 Uhr; nur 7.230 DM Beute; schöne Filialleiterin bittet Kunden, nach dem Kennzeichen des Fluchtwagens zu sehen.
- 29. April 1983: Täter bereiten in Verden an der Aller ihr nächstes Verbrechen vor: fordern Wagen von Telefonzelle aus an; angeblich Fahrt nach Hoya; Taxiunternehmer Franz G. übernimmt Tour selbst; Fahrgäste haben langen, schmalen Karton bei sich; währenddessen endet in Berufsschule Verden-Dauelsen der Unterricht: Lehrerin Anita B. plauscht mit Hausmeister; fährt mit superdreckigem Ford Fiesta Richtung Elternhaus; einer der Taxi-Fahrgäste fragt Franz G., was er tun würde, wenn sie Tour nicht bezahlten; Franz stellt Schläge in Aussicht, woraufhin Fahrgast zurückrudert und von "schlechtem Scherz" spricht; Fahrt endet vorzeitig in Oiste, einem Ortsteil von Blender im Landkreis Verden; Franz vermutet, dass sich Männer in der Gegend gut auskennen und wohl nicht genug Geld für Fahrt nach Hoya dabeihatten; Männer halten kurz hinter Oiste Fiesta von Anita B. an; unbeteiligte Taxifahrerin ärgert sich über Kleinwagen, der am falschen Straßenrand steht; Verbrecher verschleppen Anita B. ins Gebüsch und töten sie mit Schuss in den Hinterkopf. Nach Banküberfall mit 37.000 DM Beute versenken Täter den Fiesta in einem Kanal bei Hoyerhagen, Ortsteil der Samtgemeinde Grafschaft Hoya.
- Zitate: „Nach Bremerhaven?“ - „Nein, nicht nach Bremerhaven, zum Hafen nach Bremen.“ / „Petra H. behält also ihren Fahrgast. Eine Tatsache, die für die junge Frau schreckliche Folgen haben wird.“ / „Der alte Herr weiß aber mit den unerklärlichen Zeichen nichts anzufangen. Und so gehen die Notsignale, die die junge Taxifahrerin heimlich abgibt, ins Leere.“ (Sprechertext Wolfgang Grönebaum) / „Sag mal, was würdest du denn machen, wenn du von uns kein Geld kriegst?“ (Täter) - „Was? Das werd' ich dir sagen: Dann gibt's was aufs Maul!“ (Karlheinz Lemken als selbstsicherer Taxifahrer) / „Nachdem die Gangster Anita B. endgültig in ihre Gewalt gebracht haben, folgen sie kaltblütig, und mit geradezu unglaublicher Menschenverachtung, ihrem Plan.“ (Sprechertext Wolfgang Grönebaum)
- Sprecher: Wolfgang Grönebaum
- Darsteller: Marina Genschow, Wolfgang Hellmund, Karlheinz Lemken (auch Karl-Heinz Lemken), Sygun Liewald, Tonio von der Meden, Anja Tölle, Waldemar Wichlinski
- Belohnung: insgesamt 40.000 DM
- Bewertung: ***
- Status: geklärt
Nachspiel
Zwar kann die nach dem Mord an Anita B. gebildete gemeinsame Sonderkommission der Kripodienststellen Celle, Nienburg und Verden insgesamt ungefähr 800 Spuren verfolgen, letztendlich bringen aber auch die Hinweise nach der Ausstrahlung des Falles in XY die Kripo nicht entscheidend weiter und die Täter können vorerst noch nicht ermittelt werden. Die SOKO wird schließlich Ende 1983 aufgelöst, aber aber die Kripo läßt natürlich nicht locker und die Ermittlungen gehen bei den Dienststellen weiter. In anderen Ermittlungsverfahren auffällig gewordene Personen werden überprüft, ob sie möglicherweise mit der Mordserie Nienburg etwas zu tun haben könnten. Was die Kripo damals noch nicht weiß: Beide Täter sind zu diesem Zeitpunkt bereits polizeibekannt und waren bereits 1983 in die Ermittlungen einbezogen worden. Ihnen auf die Spur kommt sie offenbar aber nur durch Zufall.
Ungefähr eineinhalb Jahre später im Sommer 1985 geraten sie schließlich zum ersten Mal in den Fokus, als die Kripo Nienburg gegen den 35-jährigen Arbeiter Jürgen D. und den 37-jährigen Straßenwärter Kurt L. wegen des Verdachts eines Autodiebstahls ermittelt. Das Erscheinungsbild der beiden Verdächtigen erinnert die Polizei dabei an die Täterbeschreibungen der Zeugen vom Bankraub in Wechold nach dem Mord an Anita B. im April 1983. Außerdem stellt sie Übereinstimmungen fest. Eine Woche vor dem Überfall in Wechold auf die dortige Volksbank hat Kurt L. in diesem Kreditinstitut einen Scheck eingelöst und wird nach der Tat dazu sogar vernommen. Jürgen D. wiederum wird vernommen, nachdem man in seiner Wohnung einen weißen Kanister wie im Fall Anita B. findet. Nachdem die Beiden aber scheinbar plausible Erklärungen abgeben, kann die Kripo sie zwar nicht als Täter oder Tatbeteiligte ausschließen, konkrete weitere Verdachtsmomente liegen gegen sie damals aber auch nicht vor.
Telefonüberwachung und verdeckte Ermittlungen
Im Januar 1986 werden aufgrund der festgestellten Übereinstimmungen des Erscheinungsbildes der beiden Männer mit den Täterbeschreibungen von den Zeugen des Bankraubes die Ermittlungen gegen den Arbeiter und den Straßenwärter wieder aufgenommen und intensiviert. Das Amtsgericht Nienburg ordnet die Überwachung der Telefongespräche von Jürgen D. und Kurt L. an. Die Kripo kann in den nächsten Monaten zwar weitere Indizien auf eine mögliche Tatbeteiligung der Beiden bei den Morden und den Überfällen sammeln, aber die Beweislage bleibt dürftig. Es gibt bei den Kapitaldelikten nur wenige auswertebare Spuren die zur Ermittlung und Überführung der Täter führen könnten.
Im Mai 1986 erhalten die Ermittlungen plötzlich unverhofft einen neuen Auftrieb. Die Luft für Jürgen D. und Kurt L. wird dünner und die Schlinge zieht sich allmählich zu. Eine Prostituierte erstattet Anzeige gegen das Duo. Sie sei von den beiden Männern aus Nienburg überfallen, beraubt und vergewaltigt worden. Die Kripo kann Indizien gegen den 35-Jährigen und den 37-Jährigen sammeln und gegen die Zwei wird Haftbefehl wegen Vergewaltigung und Raubes erlassen. Ungefähr einen Monat später deutet Jürgen D. in der Untersuchungshaft gegenüber einem Mithäftling an, er habe mit einigen Mordfällen zu tun. In einem Schreiben an die Kripo Nienburg teilt darauf der Mithäftling mit, der 35-Jährige Arbeiter sei nach seinem Verhör wegen den Vergewaltigungsvorwürfen völlig verstört gewesen und habe ihm gegenüber weitere Einzelheiten zu den erwähnten Mordfällen gemacht. Und bei diesen Einzelheiten kann es sich nach Überzeugung der Kripo nur um Täterwissen handeln. Jürgen D. und Kurt L. sind inzwischen mit dem Vollzug der Untersuchungshaft verschont worden. Warum, ist vorerst unbekannt und die genauen Hintergründe dafür werden erst über ein Jahr später bekannt.
Im Juni 1986 wird der Mithäftling in Anwesenheit des zuständigen Staatsanwaltes befragt, lehnt aber eine schriftliche Befragung ab. Um an Beweismittel zu gelangen, die Jürgen D. laut seinen Angaben gegenüber dem Mithäftling vergraben hatte, beantragt die Kripo Nienburg am nächsten Tag in Abstimmung mit der Staatsanwalt Verden die Unterstützung eines verdeckten Ermittlers des LKA Niedersachsen. Dessen Direktor genehmigt den Antrag, da es um mehrere Fälle der Schwerstkriminalität ging und andere Ermittlungsmethoden nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben. In den verdeckten Ermittlungen wird die einzige Chance gesehen um zum Beispiel die Tatwaffen oder die geraubten Gegenstände der Opfer finden zu können. Um an Jürgen D. heranzukommen, gibt sich der verdeckte Ermittler als Mitglied einer einflussreichen kriminellen Organisation im Norddeutschen Raum aus. Zu seinem Schutz ist der verdeckte Ermittler dabei mit einem sogenannten Personensicherungssender ausgerüstet.
Dem LKA Niedersachen gelingt es, am 13. Juli 1986 ein Treffen zwischen dem Tatverdächtigen Jürgen D., dem verdeckten Ermittler und einem angeblichen, sich "aus Sicherheitsgründen" in einem Nebenzimmer befindlichen "Chef" der kriminellen Organisation in in einer Jagdhütte zu arrangieren. In der Jagdhütte ist eine versteckte Kamera installiert, die aber keine Tonaufnahmen machen kann. Der vermeintliche "Chef" verhandelt über eine Gegensprechanlage mit Jürgen D. über eine mögliche Mitarbeit in der kriminellen Organisation.
Festnahmen und Teilgeständnisse im Fall Anita B.
Vier Tage später werden einige Details zu diesem Treffen bekannt. Die Erkenntnisse des verdeckten Ermittlers erhärten den Tatverdacht gegen Jürgen D. im Fall der Prostituierten. Jürgen D. soll sich dem Ermittler gegenüber dahingehend geäußert haben, er habe die Frau "längst besteigen müssen", um deren Aussage vor Gericht zu verhindern. Daraufhin wird zwar kurz überlegt, ob man bei möglichen Treffen zwischen Jürgen D. und Kurt L. deren Gespräche abhören soll, kommt aber von diesem Gedanken wieder ab. Da sich der 35-jährige Arbeiter D. und der 37-jährige Straßenwärter L. wenig später nach einer vorherigen telefonischen Verabredung dann aber tatsächlich treffen und damit gegen ihre Haftverschonungsbeschlüsse verstoßen, werden diese aufgehoben und am 26. August 1986 zuerst Kurt L. und drei Tage später auch Jürgen D. verhaftet. Bei ihren erneuten Vernehmungen legen sie jetzt Teilgeständnisse im Fall Anita B. ab. Sie werden inzwischen auch verdächtigt, Wolfgang S. und möglicherweise auch Petra H. getötet zu haben und kommen in die JVA Verden. Der Verlauf der Ermittlungen aus Sicht der Niedersächsischen Landesregierung lässt sich unter anderem in der (weiter unten verlinkten) Antwort des damaligen Innenministers und späteren Ministerpräsidenten Gerhard Glogowski auf eine parlamentarische Anfrage vom 20. November 1990 des damaligen Grünen-Abgeordneten Johannes Kempmann über polizeiliche Lauschaktionen und Ermittlungsmethoden des Niedersächsischen Landeskriminalamtes (LKA) nachlesen.
Die Festnahme einer dritten Person wird am 7. November 1986 bekannt. Gegen die Ehefrau eines der festgenommen Männer wird wegen Verdachts der Beihilfe zum Mord und Bankraub ermittelt. Ihre genaue Tatbeteiligung ist aber noch unklar. Währenddessen machen die beiden festgenommen Männer widersprüchliche Aussagen und bezichtigen sich gegenseitig weiterer Straftaten.
Im Februar 1987 müssen sich Kurt L. und Jürgen D. dann dann zunächst vor der 1. Großen Strafkammer des des Landgerichtes Verden wegen Verschleppung, Erpressung und Vergewaltigung der Prostituierten Sylke L. verantworten. Anfang Juli 1987 werden sie dann auch noch des dreifachen Mordes angeklagt. Wenig später, in der Nacht zum 9. Juli 1987, gelingt dem inzwischen unter dreifachen Mordverdacht stehenden Jürgen D. zusammen mit einem anderen Mitgefangenen, Roland K., durch ein ungesichertes Dachfenster die spektakuläre Flucht aus der JVA Verden. Die beiden Ausbrecher haben in einem verschlossen Raum Tischtennis gespielt und danach sei es vermutlich versäumt worden, die Gefangenen wieder in ihre Einzelzellen einzusperren sowie später auch noch einmal zu überprüfen, ob sie in ihren Zellen sind. Über einen Feuer-Fluchtweg kommen sie auf den Dachboden des Gefängnisses. Es gelingt ihnen eine mit einem Sicherheitsschloss verriegelte Tür aufzubrechen. Sie klettern durch eine Dachluke auf das Dach und über eine Dachrinne nach unten. Ihr Fehlen wird erst am nächstem Tag um 8 Uhr morgens entdeckt.
Im SF 3 der Sendung vom 11.09.1987 fahndet XY für die Kripo Celle nach Roland K. Er soll nach seinem Ausbruch ein Ausflugslokal bei Walsrode überfallen und dabei 125.000 DM erbeutet haben. Der Gesuchte geht der Polizei in der Nähe von Verden ins Netz und kommt wieder in das Gefängnis in Verden. Ede erwähnt, dass der zweite Ausbrecher bereits drei Tage später wieder festgenommen werden konnte, dessen Name Jürgen D. fällt in der Sendung aber nicht. Er kann nach Hinweisen aus der Bevölkerung in der nur wenige Kilometer von Verden entfernten und zur Einheitsgemeinde Kirchlinteln gehörenden Ortschaft Neddenaverbergen von zwei Beamten der Schutzpolizei Verden festgenommen werden. Jürgen D. war zu Fuß entlang der L160 in Richtung Walsrode unterwegs. Trotz einer umfangreichen Suchaktion des Polizeireviers Verden zusammen mit der Kripo Nienburg und Spezialkräften des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) Lüneburg sowie des Einsatzes eines Polizeihubschraubers aus Hannover bleibt Roland K. zunächst weiter auf der Flucht. Über seine Festnahme nach einem Zuschauerhinweis in Bremen kann dann in der Sendung vom 15.01.1988 berichtet werden. Jürgen D. wird anschließend in die JVA Celle verlegt. Dort wartet er auf seinen weiteren Prozess, während der Mitangeklagte Kurt L. in der JVA Verden verbleibt.
Prozess in Verden
Am 9. September 1987 beginnt vor der 7. Strafkammer des Verdener Landgerichts der Prozess im Hinblick auf die Mordserie Nienburg, für den vorerst sechs Verhandlungstage angesetzt sind. Und dieser erste Verhandlungstag ist dann nach 20 Minuten auch schon wieder zu Ende, nachdem Jürgen D. über seine beiden Anwälte mitteilen lässt, dass er sich vorerst weder zu seinem Lebenslauf noch zur Anklage äußern werde. Seine wegen Beihilfe zum Mord im Fall Wolfgang S. sowie zu den beiden Raubüberfällen ebenfalls angeklagte Ehefrau will ohne ihren verhinderten Verteidiger ebenfalls nichts sagen, während Kurt L. über seine Anwälte zunächst eine umfassende Aussage andeutet, aus der dann aber nichts wird. Die Verteidiger erklären seinen Sinneswandel mit dem Fehlen des schriftlichen Gutachtens eines Psychiaters.
Am zweiten Verhandlungstag geht es, neben der Vernehmung weiterer Zeugen, hauptsächlich um die Umstände, unter denen Kurt L. nach seiner Festnahme Ende August 1986 vor der Kripo Nienburg ein Geständnis abgelegt hat. Sie sollen laut der Verteidiger rechtswidrig gewesen sein, da ihr Mandant in den vier Monaten vor seiner Festnahme von anonymen Anrufern mehrmals bedroht und unter Druck gesetzt worden sei. Die Verteidiger beschuldigen die Kripo als Urheber der Anrufer. Der zuständige Kriminalkommissar der Kripo Nienburg bestätigt in seiner Zeugenaussage zwar die bereits erwähnten verdeckten Ermittlungen, die das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Hauptangeklagten untergraben sollte. Ob Kurt L. tatsächlich telefonisch unter Druck gesetzt wurde, kann der Kriminalkommissar im Zeugenstand aber nicht sagen. In einem Polizeiprotokoll soll auch eine "Zusicherung" aufgeführt sein, zum Beispiel den Schutz der Familie von Kurt L.. Jürgen D. wiederum habe laut seiner Anwälte nur deshalb eine Aussage gemacht, weil die Kripo Nienburg damit gedroht habe, er bekäme sonst seine Kinder nicht zu sehen. Der Nienburger Kriminalkommissar bestätigt darauf, dass er die Kinder von Jürgen D. während dessen Vernehmung tatsächlich zweimal in das Polizeigebäude gefahren hätte.
Zeugen sind sich nicht einig
Die Vernehmung weiterer Zeugen bringt das Gericht nicht sonderlich weiter. Während die Filialleiterin der Volksbank in Lindwedel, die am Tag des zweiten Mordes an Petra H., dem 21. Januar 1983, überfallen wurde meint, zwei gleich große Täter gesehen zu haben, hat als weiterer Zeuge der Leiter der Volksbank-Zweigstelle in Wechold, die vor dem dritten Mord an Anita B. am 29. April 1983 überfallen wurde, einen der beiden Täter als kleiner und etwas kräftiger in Erinnerung. Immerhin kristallisiert sich dann noch heraus, dass der grüne Fiesta von Anita B. am Tattag von drei Personen gesehen worden ist, die an jenem Nachmittag in unmittelbare Nähe des Tatortes den westlich von Verden gelegenen Weg zwischen Hustedt und Oiste befahren haben.
Eine kaufmännische Angestellte sah lediglich den Fiesta hinter sich. Ein Landwirt will zwei Männer im Auto bemerkt haben, der eine etwas größer mit mit schmalem und der andere etwas kleiner mit rundem Gesicht. Und die auch in dem XY-Film erwähnte Taxifahrerin sagt aus, sie habe den grünen Ford gleich zweimal gesehen. Beim ersten Mal stand er am Wegesrand. Ihr sei eine Frau auf dem Fahrersitz aufgefallen, die sie mit ernstem Gesicht angesehen habe. Neben dem Wagen sei ein Mann in einem Parka gestanden. Wegen Regen hatte er eine Kapuze über dem Kopf und sein Gesicht habe er mit dem Arm abgedeckt. Später will die Taxifahrerin etwa 400 Meter entfernt, auf einem parallel verlaufenden Feldweg den grünen Ford noch einmal gesehen haben. Auch wenn die Beschreibung des Landwirtes auf Jürgen D. und Kurt L. durchaus zutrifft, lässt letztendlich keine der Zeugenaussagen einen eindeutigen Schluss auf die beiden Angeklagten zu.
Inzwischen ist es bereits abzusehen, dass sich der Prozess noch über mehrere Wochen hinziehen wird. Der fünfte Verhandlungstag am 17. September 1987 beginnt mit einem Befangenheitsantrag der Verteidiger von Kurt L. Es richtet sich gegen einen psychologische Sachverständigen, der ein Gutachten über die Persönlichkeit von Kurt L. und seines Mitangeklagten, Jürgen D. erstellt hat. Die Anwälte werfen ihm vor, sein Gutachten ohne Aktenstudium erstellt und sich dabei "auf die Seite von Jürgen D." geschlagen zu haben. Der Antrag wird nach einer Verhandlungspause zurückgewiesen. Die von der Verteidigung vorgebrachten Gründe lassen nach Auffassung des Gerichts nicht auf eine etwaige Befangenheit des Sachverständigen schließen.
Ungereimtheiten in den Aussagen der beiden Hauptangeklagten
Ein Kripobeamter aus Nienburg, der die beiden Angeklagten vernommen hatte, berichtet anschließend, dass Kurt L. zunächst ein Geständnis abgelegt und alle Taten auf sich genommen haben soll. Anschließend soll er dieses aber widerrufen und Jürgen D. alles zugeschoben haben. Dieser habe darauf verwundert behauptet, mit Kurt L. abgesprochen zu haben, dass keiner etwas erzählt. Nach Rücksprache mit seinem Anwalt habe Jürgen D. darauf ebenfalls ein volles Geständnis abgelegt, soll dabei aber zum Teil sehr widersprüchliche Angaben gemacht haben. Laut des Kripobeamten im Zeugenstand will Jürgen D. zuerst allein im Waldgebiet Krähe gewesen sein und habe dabei Wolfgang S. erschossen. In einer anderen Version sei er dann mit Kurt L. gemeinsam losgezogen, um eine langläufige Waffe zu besorgen. Und nicht er, sondern Kurt L. habe dann den Hauptfeldwebel der Bundeswehr erschossen. Das bringt die Verteidigung auf den Plan. Sie wirft darauf ein, der Zeuge bringe in seiner Aussage alles durcheinander. Die erste Version sei laut Vernehmungsprotokoll die zweite und umgekehrt. An den dritten Mord am 29. April 1983 an der Lehrerin Anita B. und den anschließenden Banküberfall in Wechold, bei dem ihr Auto als Fluchtfahrzeug benutzt wurde, habe sich Jürgen D. besser erinnert: Gemeinsam mit Kurt L. habe er eine Straßensperre aufgebaut und das nächste Auto angehalten: Den grünen Fiesta der Lehrerin Anita B.. Sie seien zusammen mit ihr in ein Waldgebiet gefahren. Der Plan sei gewesen, sie zu dem Banküberfall als Geisel mitzunehmen. Jürgen D. habe dann gesehen, wie Anita B. sich hinknien musste und Kurt L. ihr die Pistole an den Hinterkopf hielt. Darauf sei er weggefahren. Anita B. habe sich gewehrt, soll Kurt L. später dazu gesagt haben. Zum Mord an der Taxifahrerin Petra H. habe sich Jürgen D. schon während der verschiedenen Vernehmungen ausgeschwiegen und blieb auch dabei.
Am 22. September 1987 wird zunächst der Kripobeamter aus Nienburg, der Jürgen D. und Kurt L. vernommen hatte, noch einmal zu den bereits erwähnten Ungereimtheiten in den Aussagen der beiden Hauptangeklagten befragt. Dann steht Jürgen D.s mitangeklagte Ehefrau Angelika im Mittelpunkt. Laut ihrem Anwalt sei sie mehrmals an ihrem Arbeitsplatz von der Kripo aufgesucht worden. Der Nienburger Kriminalkommissar bestreitet das, obwohl der zuständige Haftrichter bestätigt, dass sich Frau D. mit der Bitte an ihn gewandt habe, dass die "ewige Fragerei" endlich aufhören solle. Er gibt aber Versuche der Kripo zu, Angelika D. verunsichern zu wollen in der Hoffnung, sie würde telefonisch mit ihrem Mann Absprachen treffen. Ihr Telefon wird zu diesem Zeitpunkt bereits seit Wochen abgehört. Nach der Mittagspause muss der Prozess wegen einer Bombendrohung unterbrochen werden. Sie ist telefonisch eingegangen, woraufhin der Saal gesperrt wird. Ein eine ursprünglich geplante Zeugenaussage kann anschließend nicht mehr stattfinden, der geladene ist Kripobeamte unterwegs und nicht zu erreichen. Und da ein ebenfalls geladener Kollege von ihm nach einer Herzattacke noch wieder nicht vernehmungsfähig ist, wird die Verhandlung für diesen Tag offiziell geschlossen und am darauf Folgenden werden weitere Zeugen vernommen.
Prozess kommt nicht voran
Jetzt kommt heraus, dass Jürgen D. und Kurt L. bereits 1983 zu der Mordserie und den Überfällen vernommen, damals aber als Tatverdächtige ausgeschlossen wurden. Beide sollen für die Tatzeitpunkte Alibis aufgewiesen haben, außerdem habe laut eines Kriminalkommissars keine Ähnlichkeit zu den Phantombildern bestanden. Auch der Hintergrund für die zwischenzeitliche Entlassung aus der Untersuchungshaft vor über einem Jahr wird jetzt klar: Die Kripo hoffte drauf, die Angeklagten würden etwas unternehmen was den Ermittlungen in der Mordserie neue Ansatzpunkte bringen würde. Diese Polizeitaktik wurde damals sowohl von der Staatsanwaltschaft und vom Haftrichter gebilligt. Die damals zuständige Staatsanwältin sagt aus, dass sie die beiden Angeklagten über deren telefonische Überwachung schon seit Februar 1986 informiert habe. Dass Ende August 1986 zuerst nur der 37-jährige L. verhaftet wurde, begründet sie mit "konkreten Plänen", welche die Staatsanwaltschaft mit dem 35-jährigen D. gehabt habe. Er sollte näher an den eingesetzten verdeckten Ermittler "Max" gebunden werden, auch verbunden mit der Hoffnung, so unter anderem an die Tatwaffe zu kommen. Als sich diese Hoffnungen nicht erfüllen, muss drei Tage später auch Jürgen D. wieder zurück in Untersuchungshaft. Die Staatsanwältin gibt eine Persönlichkeitsbeschreibung der beiden Angeklagten ab. Nach ihrem persönlichen Eindruck will sie Stimmungsschwankungen bei Jürgen D. festgestellt haben, der ohne den Mitangeklagten Kurt L. eher hilflos wirke. Er soll ihn sowohl als "Einzigen Kumpel", sowie auch als "Schwein" bezeichnet haben. Dieser laienhafte Eindruck der Staatsanwältin deckt sich auffällig mit dem des psychologischen Sachverständigen. Wegen dessen stark umstrittenem Gutachten hatte die Verteidigung von Kurt L. einen Befangenheitsantrag gegen den Psychologen eingereicht. Sie sieht die große Gefahr, dass Ihr Mandant wegen Jürgen D.s vermeintlicher Abhängigkeit von ihm als Haupttäter gesehen werden könnte. Außerdem geht es noch einmal um den verdeckten Ermittler "Max". Dieser war nach dem Brief vom damaligen Mithäftling Jürgen D.s an die Kripo Nienburg eingesetzt worden. Laut der Verteidigung wurde bereits der an diesem Tag ebenfalls als Zeuge vorgeladene Zellengenosse von der Kripo bewusst eingesetzt, um Jürgen D. zum Reden zu bringen. Nachdem beide Angeklagte bislang geschwiegen und immer nur teilnahmslos dagesessen haben, als ginge sie das alles gar nichts an, ist am inzwischen 10. Tag aus der Verhandlung im Landgericht Verden ein reiner Indizienprozess geworden, der zudem nur noch sehr schleppend voran kommt. Erst bei den Aussagen des Zellengenossen kommen dann die beiden Angeklagten zum ersten Mal im Verlauf des Prozesses in in Bewegung und tuscheln mit ihren Anwälten.
Nach einer zweiwöchigen Verhandlungspause geht es zunächst mit neun bereits angesetzten Terminen weiter. Ein Ende des Prozesses ist bislang nicht abzusehen und die Verteidigung von Kurt L. rechnet inzwischen mit einem Urteil nicht vor Weihnachten 1987. Aber bis dahin wird es dann doch noch etwas länger dauern. Laut den Anwälten fehlen noch immer Vernehmungsprotokolle, Observationsberichte und genaue Zeitangaben über eine zwischenzeitliche Abschaltung der Telefonüberwachung, um die vom 37-jährigen Straßenwärter L. angegebenen Drohanrufe bestätigen zu können. Zu diesen Themen wird dann ein weiterer Kommissar der Kripo Nienburg ausführlich befragt. Der vergleicht die vielen einzelnen Spuren, die zu den beiden jetzt angeklagten Männern aus Niendorf geführt haben, mit einem Mosaikspiel. Erwähnt werden von ihm unter anderem der Kanister im Wagen von Anita B. und der von Kurt L. eingelöste Scheck eine Woche vor dem Banküberfall in Wechold. Weiter berichtet er davon, dass sich während der Telefonüberwachung bestätigt habe, dass Jürgen D. und Kurt L. häufig in Kontakt standen und er deshalb L. habe vorladen lassen. Als Jürgen D. später in Haft war, habe er ein gutes persönliches Verhältnis zu diesem gehabt. Auch der Kripobeamte spricht, wie schon die Staatsanwältin, von einer Abhängigkeit des 35-jährigen D. vom zwei Jahre älteren L. Als nächste Zeugin ist die Richterin des Amtsgerichts Verden an der Reihe, die damals ein Geständnis von Kurt L. aufgenommen hat. Sie erinnert sich daran, dass sie die Vernehmung durchführte, da er nicht in Nienburg vernommen werden wollte. Laut der Richterin aus Verden habe Kurt L. ein "ungeheuer leeres Gesicht gemacht" und befürchtete, dass er oder seine Familie dann "gelyncht" würden. Was er genau ausgesagt habe kann die Richterin aber nicht mehr sagen.
Geständnis im Fall Wolfgang S.
Ende November 1987, es ist inzwischen der 17. Verhandlungstag, dann ein Paukenschlag: Nach wochenlangem Schweigen gesteht Jürgen D. den Mord an dem Hauptfeldwebel Wolfgang S. Doch zunächst bestreitet Kurt L., der noch am 2. September 1986 ein umfangreiches Geständnis abgelegt hatte, "entschieden" die ihm zur Last gelegten Straftaten. Er habe weder mit dem Mord an Wolfgang S. noch mit dem an Anita B. etwas zu tun. Sein Wissen darüber stamme zum Großteil aus der Zeitung und er bezeichnet das Geständnis als falsch. Er habe es damals aus Angst um seine Familie abgelegt. Damals sei er bedroht worden und er habe dahinter Jürgen D. vermutet. Dieser habe "Kontakt zu einer großen Organisation" gehabt. Als der 35-jährige Arbeiter dann ebenfalls festgenommen wurde, will der 37-jährige Straßenwärter keine Gefahr mehr für seine Familie gesehen haben und hat deshalb auch sein Geständnis widerrufen. Dafür jetzt also das Geständnis von Jürgen D. im Fall Wolfgang S.. Er wollte sich an jenem 5. Januar 1983 in Waldgebiet "Krähe" bei Nienburg am Spätnachmittag mit jemanden treffen, der dann aber nicht gekommen sei, und habe eine Pistole dabei gehabt. Er sei spazieren gegangen, als plötzlich auf dem abgesperrten Weg ein Auto in ziemlich hoher Geschwindigkeit auf ihn zugekommen ist. Er habe sich sich darüber geärgert und deshalb die Luft aus den Reifen des braunen Opel Rekord Caravan gelassen. Ungefähr eine Stunde später sieht er dann Wolfgang S. beim Reifenwechsel. Es kommt zu einem Wortwechsel und der Hauptfeldwebel der Bundeswehr habe ihn mit einer starken Taschenlampe geblendet. Darauf habe er die Pistole genommen und die Schüsse seinen gefallen. Danach will sich Jürgen D. mit Kurt L. getroffen und ihm erzählt haben, was passiert ist.
Am 14. Dezember 1987, dem 21. Verhandlungstag, beginnen schließlich die Plädoyers. Die Staatsanwaltschaft beantragt in ihrem Schlussvortrag für Jürgen D. wegen dreifachen Mordes und für Kurt L. wegen zweifachen Mordes jeweils eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. Für Jürgen D.s mitangeklagte Ehefrau Angelika wird wegen Beihilfe zu einem Mord und einem Banküberfall acht Jahre Haft beantragt. Ihr Verteidiger forderte für seine Mandantin Freispruch, da ihr nach seiner Auffassung nicht nachgewiesen werden kann, dass sie ihren Mann Jürgen und Kurt L. zum Tatort im Fall Anita B. gefahren habe. Sollte sie doch die Fahrerin gewesen sein, sei es laut des Verteidigers nicht erwiesen, dass Angelika D. von den kriminellen Plänen der Männer gewusst habe. Er erwähnt auch Polizeibeamte, die häufig bei ihr gewesen seien. Und auf diese Vernehmungen sowie Zeitungsartikel habe Angelika D. bei ihrer Aussage dann zurückgegriffen. Ihr Anwalt reicht schließlich noch 6 Hilfsbeweisanträge ein und fordert die Anhörung neuer Zeugen. Das bedeutet für das Gericht, dass es erneut in die Beweisaufnahme eintreten muss, die Plädoyers der Verteidiger von Jürgen D. und Kurt L. an diesem Tag nicht mehr gehört werden und auch das Plädoyer der Staatsanwaltschaft noch einmal gehalten werden muss.
Schließlich fordert sie am 22. Januar 1988 für den 35-jährigen Arbeiter Jürgen D. und den 37-jährigen Straßenwärter Kurt L. erneut jeweils eine lebenslange Haftstrafe, da sich auch nach der erneuten Beweisaufnahme keine möglicherweise entlastende Faktoren für die beiden Männer aus Niendorf ergeben hätten. Die Anklage fühlt sich ganz in ihrem ersten Plädoyer bestätigt und ist sich sicher "hier heute die wahren Täter vor Gericht" zu haben.
Urteile und verworfene Revision
Nach über fünfmonatiger Verhandlung mit 26 Verhandlungstagen werden am 5. Februar 1988 im Großen Sitzungssaal der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Verden die beiden Hauptangeklagten Jürgen D. und Kurt L. zu lebenslanger Haft verurteilt. Mit dem Urteil, das Landgerichtspräsident Heinrich Beckmann vor über 100 Zuschauern verliest, darunter Angehörige der Opfer und der Angeklagten, folgt das Gericht damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die drei Berufs-und zwei Laienrichter befinden Jürgen D. des dreifachen Mordes, Autoraubes und des zweifachen Bankraubes schuldig. Sein Komplize Kurt L. wird wegen zwei Morden, Autoraub und zweifachen Bankraub verurteilt. Außerdem wird Jürgen D.s mitangeklagte Ehefrau Angelika zu einer Gefängnisstrafe von dreieinhalb Jahren wegen der Beihilfe zu schwerem Raub und schwerer räuberischer Erpressung verurteilt. In diesem Fall bleibt das Gericht deutlich unter den von der Staatsanwaltschaft geforderten acht Jahren Haftstrafe für die Mutter von vier Kindern.
In seiner 80-minütigen Urteilsbegründung erklärt Landgerichtspräsident Beckmann, dass die drei Berufs- und zwei Laienrichter nach der Vernehmung von 70 Zeugen während der Hauptverhandlung zu der Überzeugung gekommen sind, dass Jürgen D. und Kurt L. für die ihnen zur Last gelegten Morde an Petra H. und Anita B. beide voll verantwortlich sind. Wer letztendlich Petra H. erdrosselt hat und die tödlichen Schüsse auf Anita B. abgab, sei unbedeutend und spiele nach Auffassung des Gerichtes keine Rolle, auch wenn man in beiden Fällen davon ausgehen könne, dass letztendlich Kurt L. für den Tod der Taxifahrerin und der Lehrerin verantwortlich sei.
Kurt L. wird allerdings nach dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" im Fall Wolfgang S. freigesprochen, nachdem Jürgen D. im Verlauf des Prozesses gesteht, den Hauptfeldwebel mit sechs Pistolenschüssen getötet zu haben, da er dessen Gewehr haben wollte. Den braunen Opel Rekord Caravan konnte er dann aber nicht stehlen, weil es ihm nicht gelang, den Wagen zu starten. Und auch wenn einiges für die Anwesenheit von Kurt L. am Tatort Sonnenborsteler Wald spreche, könne ihm hier keine strafbare Beteiligung nachgewiesen werden. Die anderen beiden Morde geschahen, um an die Autos zu kommen und eine frühzeitige Fahndung zu verhindern. In Angelika D. fanden die beiden Haupttäter nach Überzeug des Gerichtes die Helferin, welche sie für die Durchführung ihres Planes noch benötigt haben. Sie habe Fahrdienste geleistet, die im Zusammenhang mit den Verbrechen stehen. Unmittelbar nach Sitzungsschluss kündigen die Anwälte der Verurteilten Revision an, die der Bundesgerichtshof am 16. August 1988 verwirft.
Die Fahrt des von Karlheinz Lemken so grandios dargestellten "auf's Maul!"-Taxifahrer Franz G. mit den Tätern nach Oiste wird am 14. Mai 1983 zwar in einem Satz auch erwähnt, von dem sonderbaren Dialog zwischen ihm und einem der Täter mit angedrohten Schlägen, oder dem Taxiunternehmer aus Verden als Zeuge ist aber nichts zu finden. In XY wurde offenbar auch nicht über die Klärung berichtet.
Siehe auch:
"Festnahme von 3. Person im Mordfall Anita B." - Weser Kurier, 6.-12. November 1986 (nur offline): Im Zuge der Ermittlungen im Mordfall Anita B. nimmt die Sonderkommission der Kriminalpolizei Nienburg eine dritte Person fest. Dabei handelt es sich um die Ehefrau einer der beiden mutmaßlichen Täter, denen die Kripo im September per Zufall auf die Spur gekommen war. Die 27-jährige Berufsschullehrerin Anita B. war im April 1983 auf der Heimfahrt von Verden nach Asendorf auf einem einsamen Verbindungsweg von Unbekannten angehalten und erschossen worden.
"Vor dem Landgericht beginnt der Prozess gegen zwei Männer aus Nienburg", Weser Kurier, 5.-11. Februar 1987 (nur offline): Vor dem Landgericht beginnt der Prozess gegen zwei Männer aus Nienburg. Ihnen wird Freiheitsberaubung, räuberische Erpressung und Vergewaltigung zweier Frauen vorgeworfen. Es könnte aber noch schlimmer kommen für die beiden Angeklagten: Die Ermittler vermuten, dass Jürgen D. und Kurt L. auch die Täter im Mordfall B. sind. Die 27-jährige Anita B., Lehrerin an den Berufsbildenden Schulen in Dauelsen, war am 29. April 1983 auf der Heimfahrt von Verden nach Asendorf erschossen worden. Ihr Auto wurde wenig später bei einem Banküberfall in Wechold (Kreis Diepholz) als Fluchtfahrzeug genutzt.
- Lebenslange Haftstrafen - Weser Kurier vom 09. Februar 2013
- Wie das Mörder-Duo L. und D. überführt wurde - Weser Kurier vom 04. April 1991
- Revision verworfen - Weser Kurier vom 23. August 1988
- Lebenslange Haft für beide Mörder - Weser Kurier vom 06. Februar 1988, Seite 17
- Lebenslange Haft gefordert - Weser Kurier vom 23. Januar 1988, Seite 19
- Strafanträge: Lebenslänglich - Weser Kurier vom 15. Dezember 1987, Seite 19
- Erfolg im Verdener Mordprozess - Weser Kurier vom 28. November 1987, Seite 19
- Beim Geständnis ein ganz leeres Gesicht - Weser Kurier vom 22. Oktober 1987, Seite 20
- Freispruch oder Lebenslang - Weser Kurier vom 27. September 1987, Seite 6
- Haftrichter: Polizeitaktik gebilligt - Weser Kurier vom 26. September 1987, Seite 19
- Bombendrohung im Gericht - Weser Kurier vom 23. September 1987, Seite 17
- Streit um Gutachten und Polizei-Aussagen - Weser Kurier vom 18. September 1987, Seite 15
- Ein Größerer und ein Kleinerer - Weser Kurier vom 12. September 1987, Seite 22
- Durch Drohungen zum Geständnis veranlaßt? - Weser Kurier vom 11. September 1987, Seite 21
- Angeklagt wegen dreifachen Mordes - Weser Kurier vom 10. September 1987, Seite 23
- Drei Morde - Ein Prozess - Weser Kurier vom 04. September 1987, Seite 17
- Ausbruch durch Schlamperei - Weser Kurier vom 22. Juli 1987, Seite 22
- Mord-Verdächtiger wieder hinter Gittern - Kurier am Sonntag vom 12. Juli 1987
- Zwei schwere Jungs entkamen aus der Haft - Weser Kurier vom 10. Juli 1987, Seite 17
- Häftlinge entkamen über das Dach - Achimer Kurier vom 10. Juli 1987
- Prostituierte wurde verschleppt, erpreßt und vergewaltigt - Verdener Nachrichten vom 11. Februar 1987
- Mordfall B.: Kripo verhaftete dritte Person - Weser Kurier vom 07. November 1986
- Mordfall B. aufgeklärt? - Weser Kurier vom 19. September 1986
- Drei Morde und viele Parallelen - Weser Kurier vom 14. Mai 1983
Die Studiofälle der Sendung
- SF 1: Kripo München - Mord an einer unbekannten jungen Frau (erwürgt im Englischer Garten aufgefunden, rote Cordhose und Bluse, drei dünne Ringe an Fingern, braune Lederschnur am Handgelenk).
Gelöst: Das Mädchen wird als die 18-jährige Schülerin Hella O. aus Binzwangen identifiziert. Sie kam gerade von einer mehrwöchigen Reise nach Griechenland, vermutlich mit dem Akropolis - Express, aus Athen nach München und wurde noch am selben Tag tot aufgefunden. Darüber wird in der Folgesendung berichtet. Allerdings wird der Mord selber erst im Jahr 2001 durch die DNA - Analyse gelöst. Der Täter, Bernd K., erhält wegen Mordes und Vergewaltigung lebenslänglich.
Siehe auch:
"Der Mörder behielt ihren Rucksack" auf Welt - Online vom 25. Juli 2004.
"Sühne nach 22 Jahren" auf Sueddeutsche.de vom 20. Juli 2005.
- SF 2: Kripo Duisburg - Fahndung nach Heinz Sch. (Sozialurlaub genutzt zur Flucht, roter Toyota)
Gelöst: Festnahme in einem Hotel bei Verden, ein weiterer Überfall konnte ihm nachgewiesen werden. Darüber wird in der Folgesendung berichtet.
- SF 3: Kapo Aargau - Fahndung nach René R. und Ali S. (Gefängnisausbruch, mit selbstgebauter Leiter über die Mauer)
Gelöst: Ali S. wird im Elsass festgenommen; er hatte Unterschlupf in Mühlhausen (gefunden. Darüber wird in der Sendung vom 02.12.1983 berichtet.
René R. wurde schlussendlich auf Korsika gefasst. Darüber wird in der Sendung vom 22.02.1985 berichtet.
- SF 4: Kripo Koblenz - Fahndung nach Josef L. (Wirtschaftsdelikte, Weinhandlung, Gläubiger um 1,9 Millionen DM betrogen)
Evtl. gelöst: Die Kripo Koblenz bekam von Interpol den Hinweis, dass er die USA eingereist ist. Die Staatsanwaltschaft bemüht sich jetzt um seine Festnahme und seine Auslieferung nach Deutschland. Darüber wird in der Folgesendung berichtet.
- SF 5: Kripo Heppenheim - gesucht wird nach einem Bankräuber (Lampertheim, Täter trug Sonnenbrille)
- SF 6: Kripo Bielefeld - Sachfragen zu einem Banküberfall (Wer kennt dieses Auto?)
XY gelöst - der Rückblick
Zwischenergebnisse aus früheren Sendungen:
- FF 1 der vorherigen Sendung: Die Schweizer Behörden haben zu den Morden an Karin G. und Brigitte M. (Appenzeller Radtourmord) 40 Hinweise bekommen. Unter den Hinweisgebern war auch ein wichtiger Zeuge, der die beiden Mädchen in unmittelbarer Nähe des späteren Leichenfundortes gesehen hatte. Sie waren in männlicher Begleitung in einem grauen Auto. Der Zeuge erinnerte sich auch an die genaue Tageszeit, sodass einige Personen, die bisher für den Zeitpunkt des Verschwinden der Mädchen kein Alibi hatten, von der Liste der möglichen Tatverdächtigen gestrichen werden konnten.
- SF 4 der vorherigen Sendung: Das Sicherheitsbüro Wien ist in den Ermittlungen zum Mord an dem Versicherungskaufmann Herberth K. ein Stück weitergekommen. Der Wagen des Opfers, ein roter Fiat, wurde in Italien gefunden. Zum Zeitpunkt der Sendung wird er kriminaltechnisch untersucht und es ist noch unklar, ob man mit einem Ergebnis der Untersuchung dem Täter vielleicht auf die Spur kommt.
- SF 5 der vorherigen Sendung: Adam U., einer der drei nach einem Juwelierüberfall in München gesuchten Personen, wurde in Hamburg gefaßt. Er versuchte noch eine Flucht per Auto, die von der Polizei durch mehrere Schüsse gestoppt wurde. Seinen beiden mutmaßlichen Komplizen Jerzy R. und Riccardo F. sind noch flüchtig.
XY gelöst
- SF 3 der Sendung vom 13.05.1983: Gerhard F., der nach seiner Flucht aus dem Gefängnis einen neuen Überfall in Wesel begangen haben soll, wurde in Hattingen von einem Zuschauer erkannt und dann von der Polizei festgenommen.
- SF 4 der Sendung vom 13.05.1983: Hans Werner S. konnte in Köln verhaftet werden. Er war wegen gemeinschaftlichem bewaffnetem schweren Raub zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden, schlug nach der Urteilsverkündung einen Justizbeamten nieder und flüchtete. Bei einem neuen Überfall in Köln soll er einer Beute von ca. einer Mio. DM gemacht haben.
Erste Erkenntnisse (Zuschauerreaktionen in der Spätsendung)
- FF 1: Einbrüche in eine Wiener Juwelengroßhandlung; allgemeine Hinweise auf verschiedene Gegenstände und ein aussichtsreicher Hinweis zum von den Tätern zurückgelassenem blauen Wagenheber.
- FF 2+3: Mordserie Nienburg: ca.100 Hinweise bisher zum Fall Wolfgang S. werden noch ausgewertet; noch nichts Konkretes zu den Tätern; keine Hinweise zum Waffendiebstahl und zu den drei vor einem Forstweg abgestellten Autos; schwarze Sicherheitsschuhe "Continental Typ Castrop", von denen die Polizei Schuhsohlenabdrücke sichern konnte, werden zusammen mit der Tatwaffe im Fall Anita B. und dem gestohlenen Fernglas noch einmal gezeigt; zum Fall Petra H. Hinweise über das rote Kunststoffseil mit dem sie erdrosselt wurde, ca. 2 m lang und mit Seemannsknoten; Hinweise auch zum weißen Kanister mit Benzin aus Österreich und zur weißen Fellrolle; neue Erkenntnisse für die Kripo über die mögliche Herkunft verschiedener Gegenstände, die auch normal gezeigt werden; eine Zuschauerin meint, ein solches silbernes Feuerzeug, wie es der Taxifahrerin gestohlen wurde, geschenkt bekommen zu haben; Hinweise zu Personen müssen noch überprüft werden.
Studiofälle:
- SF 1: Mord an einer unbekannten Frau im Englischen Garten in München; noch nicht alle vielversprechende Hinweise überprüft, deshalb auch noch nicht identifiziert; verschiedene Zuschauer aus Österreich meinen, sie erkannt zu haben, darunter ein Hinweis aus Wien von einem Mann, der in München eine Frau aus Irland kennengelernt hatte, die in der Nähe des Fundortes beschäftigt gewesen sein soll; die Frau soll der Toten sehr ähnlich gesehen haben.
- SF 2: Fahndung nach Heinz Sch.; sichere Erkenntnisse , dass er statt mit einem rotem Toyota jetzt mit einem rotem roten BMW mit Kennzeichen "HA" für Hagen unterwegs ist.
- SF 3: Fahndung nach René R. und Ali S. nach Gefängnisausbruch mit selbstgebauter Leiter; bisherige Überprüfungen ohne weitere Ergebnisse; beide Gesuchten könnten sich vielleicht ins Elsass abgesetzt haben und ihre Fahndungsfotos werden noch einmal gezeigt.
- SF 4: Fahndung nach Josef L. wegen Betrug, Urkundenfälschung und Konkursvergehen; Gesuchter soll Gläubiger um 1,9 Millionen DM betrogen haben; nur wenige Hinweise erhärten Verdacht, dass er sich im außereuropäischen Raum aufhält; sein Fahndungsfoto wird nochmal gezeigt.
- SF 5: Der Bankräuber aus Lampertheim mit Sonnenbrille konnte noch nicht identifiziert werden; Bilder der automatischen Kamera werden erneut gezeigt.
- SF 6: Sichergestellter roter Ford Escort nach Banküberfall in Büren; Kennzeichen "W" für Wuppertal; verschiedene Hinweise zur Frage "Wer kennt dieses Auto?" eines Zuschauers lassen die Kripo hoffen, den letzten Besitzer des Wagens, der auch nochmal gezeigt wird, ausfindig zu machen.
Bemerkungen
- Zusammenhängender Ermittlungskomplex über zwei Filme verteilt (Fall 2+3). Irene Campregher schaut aus wie Rosi Mittermaier.
- Weitere Darsteller: Jan Christian, Hans-Karl Pilz, Ronald M. Scheich, Dominique Voß, Lutz Wodak
Vorherige Sendung: Sendung vom 08.07.1983
Nächste Sendung: Sendung vom 07.10.1983
- 1983
- Aargau (Kapo)
- Athen
- Asendorf
- Bielefeld (Kripo)
- Blender
- Bremen
- Bremerhaven
- Celle
- Duisburg (Kripo)
- Elsass
- Griechenland (allgemein)
- Hagen
- Hamburg
- Hattingen
- Heppenheim (Kripo)
- Hoya
- Irland (allgemein)
- Kanada (allgemein)
- Koblenz (Kripo)
- Köln
- Korsika
- Lampertheim
- Lindwedel
- München (Kripo)
- München
- Mulhouse
- Nienburg/Weser (Kripo)
- Nienburg/Weser
- Österreich (allgemein)
- USA (allgemein)
- Verden
- Walsrode
- Wesel
- Wien (BPD)
- Wien (Sicherheitsbüro)
- Wien
- Wuppertal